30 Jahre Mauerfall
… und immer noch in den Köpfen?
1989 war ich gerade mitten den Abiturvorbereitungen, als sich die politischen Ereignisse überschlugen. Damals wohnte ich in Fallersleben, und das liegt in Niedersachsen ganz nahe der ehemaligen Grenze. Man konnte vom Westen aus sehr nahe heran und sah dann die menschenfeindlichen Konstrukte, die Wachtürme und den Stacheldraht. Sehr bedrohlich und beklemmend.
1988 war ich auf Klassenfahrt in der DDR, in Dresden und Erfurt. Die Frauenkirche war noch ein Geröllhaufen, und der FDJ-Abend merkwürdig. Warum war man so offen mit uns? Fragen zum Westfernsehen, zur Mode, zur Politik, heute weiß ich: das war schon Aufbruchstimmung. Wir schmuggelten Gleichaltrige mit in die Disco, die nur uns Westtouristen vorbehalten sein sollte, und wir hatten Spaß. Warum durften die nicht raus? Wenige Monate später kamen sie, über Ungarn, wohnten zB bei meiner Freundin in der Einliegerwohnung.
Das System bröckelte, und die vielen Mutigen, die damals skandierten „ Wir sind das Volk!“ und damit etwas ganz anderes meinten als die Nazis heute.
Wir fuhren am 10. November an die Grenze, mein Freund und ich, weil wir gucken wollten. Chaos und Freude pur! Eine knatternde stinkende Trabbiwolke rollte gen Westen und es war so eine fröhliche Stimmung. Marienborn hatte damals zig Spuren, war ja alles akribisch kontrolliert worden. Und nun fuhr man einfach durch. Unfassbar. Schaut selbst:
30 Jahre später lässt mich das immer noch nicht kalt. Ja, wir alle haben wohl unterschätzt, wie gewaltig diese Wiedervereinigung war. Aber ich hoffe doch, wir schaffen es, endlich, zu verstehen, dass es nur dem damaligen Augenblick in der Geschichte zu verdanken ist, dass dieser unfassbar menschenverachtende Zaun weg ist. Das ist was zählt.